III) "Damit das Feuer nicht ausgeht": Gemeinschaft als Grundform des christlichen Lebens
- 28. Juni 2024
- 14 Min. Lesezeit
Predigtreihe "Basics des christlichen Glaubens" Teil 3: Sonntag, 26. März 2023 in Staufen

Quelle: Pixabay
Begrüßung & Einstimmung
Ein herzliches Willkommen zum Gottesdienst! Es geht heute um das Thema Gemeinschaft. Das passt gut, da wir nach dem Gottesdienst zu einer Gemeindeversammlung einladen.
Bei der Konfi-Übernachtung vorletzte Woche haben die Konfirmanden einen Osterweg gestaltet: Unterschiedliche Szenen aus der Passionsgeschichte. Ein Bild hat mich dabei besonders berührt, obwohl es ganz schlicht gestaltet ist:

Quelle: Osterweg der Konfirmanden
Sie erkennen die Szene vermutlich: Jesus betet im Garten Gethsemane. Er ringt mit seinem Vater im Himmel, weil er Angst hat. Weil er Angst hat vor dem, was ihm bevorsteht. Weil er sich total kraftlos fühlt. Aber die Jünger lassen ihn allein: Anstatt Jesus zu unterstützen und zu ermutigen, haben sie sich aufs Ohr gelegt. Ihren besten Freund lassen sie im schwersten Kampf seines Lebens allein.
Dabei hätte auch Jesus die Gemeinschaft mit seinen Jüngern so sehr gebraucht – obwohl er Gottes Sohn war. Auf die Feier des Passahfestes hatte er sich richtig gefreut: „Mich hat herzlich verlangt, dies Passahlamm mit euch zu essen, ehe ich leide“, hat Martin Luther übersetzt. In einer anderen Übersetzung heißt es: „Ich habe mich sehr danach gesehnt, mit euch das Passahmahl zu essen.“
Da waren sie noch zusammen. Aber kurze Zeit später im Garten Gethsemane – in seinem Ringen mit sich selbst und mit Gott – da lassen ihn seine Jünger allein. Wie sehr muss ihn das geschmerzt haben!
Wir machen einen großen Sprung in unsere Zeit: Da ist jemand in einer großen inneren Krise, er bräuchte Zuspruch und Ermutigung durch seine Geschwister im Glauben. Aber als er am Sonntag zum Gottesdienst kommt, sitzen dort nur ein paar Hansele.
Wie schmerzhaft muss das sein, wenn man dringend Unterstützung bräuchte, aber keiner ist da, dem man sich anvertrauen kann? Weil die einen beim Wandern, die andern beim Tennis und die dritten noch am Frühstückstisch sitzen? Oder weil sich die Person gar nicht traut, andere mit ihren Sorgen zu belasten? Oder weil sie bisher keine tragfähigen Beziehungen zu den andern in der Gemeinde aufgebaut hat, wo man andern auch sehr persönliche Dinge anvertrauen kann?
Das kann unterschiedliche Gründe haben. Gemeinschaft ist jedenfalls nicht das Sahnehäubchen, die alles noch abrundet, wenn einer bereits als vorbildlicher Christ lebt. Gemeinschaft ist die Grundform unseres Christseins: So hat es Jesus mit seinen Jüngern vorgelebt. Und so war es in den von Paulus gegründeten Gemeinden selbstverständlich. Darüber möchten wir heute gemeinsam nachdenken.
Gebet & Zuspruch
Vater im Himmel, wir danken dir für alle, die mit uns sind – auf dem Weg des Glaubens:
Wir danken dir für alle, die uns im Gebet unterstützen, für alle, die nach uns fragen und sich für uns interessieren, für alle, die uns ermutigen in unserem Dienst und uns danken für unseren Einsatz.
Hilf doch, dass wir genauso einen Blick haben für die anderen. Hilf doch, dass wir nicht fehlen, wenn andere auf uns warten.
Vater im Himmel, wir danken dir für alle, die uns den Weg zum Glauben gezeigt und vorgelebt haben:
Wir danken dir für unsere Eltern und Großeltern, für unsere Pfarrer und Religionslehrerinnen,
für unsere Erzieherinnen und Gemeindediakone, für alle, die uns Lust gemacht haben auf ein Leben mit dir, für alle, die uns geholfen haben, dein Wort besser zu verstehen.
Herr, hilf doch, dass wir nun auch selber für andere zum Vorbild werden können. Und wenn andere auf uns schauen, dann hilf uns doch, glaubwürdig und echt zu sein.
Vater im Himmel, wir danken dir für unsere Gemeinde, hier am Ort und auch da, wo wir groß geworden sind. Wir danken dir für die Vielfalt der Begabungen, von denen auch wir profitiert haben.
Vergib uns, wenn andere durch unser Verhalten verletzt wurden. Vergib uns, wenn wir durch Eigensinn oder Eitelkeit deinem Wirken im Weg gestanden sind. Vergib uns, wenn uns die eigene Ehre wichtiger war als der Bau deiner Gemeinde. Herr, erbarme dich!
Der Apostel Paulus schreibt im Römerbrief (15, 4ff):
Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob. Amen.
Predigt – Teil I: Das Vorbild Jesu
Liebe Gemeinde, Individualisierung und Freiheit sind zwei Mega-Trends unserer Zeit. Man will möglichst selber entscheiden, wie und wo man lebt, welchen Beruf man ergreift oder welche Form der Sexualität praktiziert wird. Ganz oft wird dabei beklagt, dass im Zuge der fortschreitenden Individualisierung der Gemeinsinn und die Verantwortung für die andern immer mehr verloren gehe.
Dieser These wird inzwischen aber immer häufiger widersprochen. Eine Umfrage der Versicherung „Heidelberger Leben“ hat folgendes Ergebnis erbracht: 90% der 16- bis 35-Jährigen sagen, ihnen sei die Unabhängigkeit im Leben wichtig: „Sein Leben selbst gestalten zu können“. Das war zu erwarten. Aber genauso wichtig sind ihnen zwei andere Dinge: „Gute Freunde haben“: 89%. Und: „Für die Familie da zu sein“ (84%).
Der Wunsch nach Individualität kann also auch den Gemeinsinn stärken. Zitat: „Je individualistischer der Lebensentwurf, desto wichtiger wird die Unterstützung durch andere Menschen ... Vieles, was wir uns als persönliche Ziele erträumen, lässt sich nicht ohne die Unterstützung durch andere realisieren.“
Die Frage ist, ob sie alle auch genügend Zeit und Kraft in solche Beziehungen investieren, damit sie dann auch tragfähig sind, wenn es darauf ankommt. Aber immerhin sind es gute Nachrichten, dass offenbar doch nicht jeder immer nur an sich selber denkt. Gute Nachrichten deshalb, weil die Grundform des christlichen Glaubens die Gemeinschaft ist: Die Bereitschaft und die Fähigkeit mit anderen Christen zusammenzuleben und in einer christlichen Gemeinde zusammenzuarbeiten.
Zunächst ist der Glaube an Gott und an Jesus Christus natürlich eine höchst persönliche Entscheidung. Kein Mensch kann uns diese Entscheidung abnehmen: weder Eltern noch Geschwister noch der Ehepartner. Aber wenn sich einer für den Weg des Glaubens entscheidet, wird er ziemlich bald andere Christen treffen: „Geschwister im Glauben“, wie man in frommer Sprache gerne sagt. Oder einfach: „Schwestern und Brüder“.
Wer als Christ lebt, hat automatisch Mitstreiter und Gleichgesinnte neben sich. Und man braucht die andern, um wirklich dran zu bleiben. In meiner Jugendzeit hat man das auf die knappe Formel gebracht: „Ein Christ allein, geht ein.“
Oder mit einem Vergleich vom Lagerfeuer: Sobald man ein brennendes Holzscheit aus dem Feuer herauszieht, wird er ziemlich schnell ausglühen. Will sagen: Man braucht die anderen Christen, damit das Feuer des Glaubens nicht erlischt.
Das ist nun zunächst einmal nur eine These. Ich möchte Ihnen heute Morgen zeigen, dass diese These nicht einfach aus der Luft gegriffen ist, sondern dem biblischen Bild von Glauben und Christsein voll und ganz entspricht.
Dazu möchten wir zunächst einen Blick auf das Leben von Jesus werfen. Dabei fällt auf: Jesus hat nicht nur spannende Geschichten erzählt und Menschen gesund gemacht, er hat auch ganz viel Zeit mit seinen Jüngern verbracht. Und das Entscheidende dabei: Er hat sie nicht nur angepredigt. Nein, er hat das Leben mit ihnen geteilt. Sie konnten Jesus dabei beobachten, wie er das praktisch macht: Wie viel Zeit er sich für das Gebet nimmt. Wie er mit Anfeindungen umgeht. Wie barmherzig er Gescheiterte behandelt. Das alles haben seine Jünger direkt mitgekriegt: Worüber er geweint hat, wann er zornig geworden ist und worüber er sich gefreut hat.
Viele Christen sind der Meinung: Das Wichtigste bei Jesus waren die Heilungswunder und die eindrucksvollen Predigten. Ich glaube, mindestens genauso wichtig war das andere: Jesus hat drei Jahre lang mit seinen Jüngern das Leben geteilt. Das war „Jüngerschaftsschule“ im allerbesten Sinne. –
Auf Ihren Plätzen haben Sie ein Blatt gefunden mit 25 Themen aus dem alltäglichen Leben eines Christen (siehe folgende Seite). Kreuzen Sie doch bitte einmal an, von welchen Themen Sie denken, dass Jesus diese mit seinen Jüngern besprochen hat. [Zeit zum Ankreuzen]
Es sind insgesamt 25 Kästchen: Wie viele haben Sie angekreuzt? Über welche Themen hat Jesus mit seinen Jüngern gesprochen?
Ich meine, es sind mindestens 23. Ich habe nur zwei Themen reingemogelt, von denen ich meine, dass sie in den Evangelien nicht vorkommen: Dass man die Schöpfung bewahren soll und dass man keine Götzenbilder anbeten soll. Beides ist natürlich auch wichtig. Aber mir ist nicht bekannt, dass Jesus darüber mit seinen Jüngern gesprochen hat.
Aber alle anderen 23 Themen kamen vor. Und zwar nicht nur so en passant. Da wurde ausführlich darüber gesprochen. Nur ein paar Beispiele:
* Es lernen, Kritik anzunehmen: Ich denke an die Szene, als Jesus die Jünger scharf zurecht gewiesen hat, weil sie die Mütter mit ihren Kindern wegschicken wollten.
* Umgang mit Geld: Beim reichen Jüngling in Matthäus 19 oder beim reichen Kornbauer in Lukas 12. Oder die Salbung in Bethanien in Matthäus 26, als jene Frau ein Vermögen ausgibt, um Jesus seine Liebe zu zeigen. Die Jünger denken sofort ans Geld, doch Jesus lobt die Liebe und die Hingabe von Maria. Eigentlich erstaunlich, wie oft Jesus übers Geld geredet hat!
* Beim letzten Abendmahl warnte Jesus seinen Freund Petrus davor, sich selbst zu überschätzen. Leider hat Petrus die Warnung nicht ernst genommen. Er hat aber auch erlebt, wie Jesus ihm auch nach der Verleugnung eine zweite Chance gab.
* Bei der Speisung der 5000 haben die Jünger miterlebt, wie Gott mit den Gaben der Jünger ein Wunder tun konnte, obwohl es ziemlich kläglich aussah, was die Jünger beisteuern konnten.
* Und die beiden Brüder Johannes und Jakobus mussten lernen, ihrer Aggression nicht freien Lauf zu lassen: Sie wollten in Lukas 9 nämlich Feuer vom Himmel regnen lassen, weil sie sich über die Bewohner eines Dorfes furchtbar geärgert haben.
Und so weiter. Es fehlt heute Morgen die Zeit, alle Punkte einzeln durchzugehen. Wenn Sie wollen: Blättern Sie heute Abend einmal die Evangelien durch. Sie müssten alle 23 Themen irgendwo finden.
Eines wird dabei hoffentlich deutlich: Die Zeit, die Jesus mit seinen Jüngern verbracht hat, war mindestens genauso wichtig wie die vielen Predigten und die aufsehenerregenden Wunder.
Aber genau darin besteht auch die Herausforderung an uns: Wenn wir möchten, dass andere Menschen im Glauben weiterkommen, müssen wir das Leben mit ihnen teilen.
Und das gerade auch bei jungen Leuten: Genauso wichtig wie ein guter Jugendgottesdienst oder eine gelungene Jungscharstunde ist es, dass Jugendliche zuschauen können, wie wir das praktisch machen. Wie wir unser Christsein leben und wie wir in typischen Alltagssituationen reagieren.
Bevor wir im zweiten Teil einen Blick in die Briefe des Apostels Paulus werfen, singen wir gemeinsam das Lied: „Herz und Herz vereint zusammen ...“ (EG 251)
Predigt – Teil II: Ohne Gemeinschaft fehlt Entscheidendes …
Liebe Gemeinde, die Gemeinde in Philippi muss eine vorbildliche Gemeinde gewesen sein. Jedenfalls ist Paulus voll des Lobes: Es gibt über euch so viel Gutes zu berichten: Als Menschen, die mit Christus verbunden sind, ermutigt ihr euch gegenseitig und seid zu liebevollem Trost bereit. Man spürt bei euch etwas von der Gemeinschaft, die der Geist Gottes bewirkt, und herzliche, mitfühlende Liebe verbindet euch. Darüber freue ich mich sehr. Vollkommen aber ist meine Freude, wenn ihr euch ganz einig seid, in der einen Liebe miteinander verbunden bleibt und fest zusammenhaltet. (Philipper 2, 1f)
Wow: In einer solchen Gemeinde würden wir alle gerne zuhause sein: „Ihr ermutigt euch gegenseitig und seid zu liebevollem Trost bereit. Man spürt bei euch etwas von der Gemeinschaft, die der Geist Gottes bewirkt, und herzliche, mitfühlende Liebe verbindet euch.“
Auch wenn es fast zu schön ist, um wahr zu sein: Das Zusammenleben in einer solchen liebevollen Gemeinschaft ist im Neuen Testament der Regelfall, nicht die Ausnahme. Auch wenn es auch in jenen Gemeinden oft rumort und gekracht hat: Erst in der Gemeinschaft mit anderen Christen erfüllt sich die Bestimmung unseres Glaubens.
Dazu kommt: Wichtige Verheißungen der Bibel sind nicht dem einzelnen Christen gemacht, sondern der christlichen Gemeinde: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“, sagt Jesus. (Matthäus 18, 20)
Und in Johannes 14, 14 verspricht Jesus: „Wenn zwei von euch hier auf der Erde meinen Vater im Himmel um etwas bitten wollen, und sich darin einige sind, dann wird er es ihnen geben.“ Welch große Verheißung! An eine Gemeinschaft von Christen – nicht an einen einzelnen.
Oder jene große Verheißung in Matthäus 16, 18: „Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und selbst die Macht des Todes wird sie nicht besiegen.“ Es mag sein, dass die Gemeinde Jesu in den nächsten Jahrzehnten kleiner wird. Aber was immer auch kommen mag, selbst die Macht des Todes kann sie nicht besiegen. Auch hier: Kein Versprechen an einen einzelnen, sondern an die ganze Gemeinde.
Und in Kolosser 3, 16ff erinnert Paulus daran, dass das vielstimmige Lob Gottes nur gemeinsam mit anderen Christen möglich ist: Lasst die Botschaft von Christus ihren ganzen Reichtum bei euch entfalten. Unterweist und ermahnt euch gegenseitig mit aller Weisheit und dankt Gott von ganzem Herzen mit Psalmen, Lobgesängen und Liedern, die euch Gottes Geist schenkt. Ihr habt doch Gottes Gnade erfahren!
Es ist egal, in welchen Räumen man Gottesdienst feiert, aber ohne das gemeinsame Lob Gottes, ohne das gemeinsame Gebet, ohne das gemeinsame Hören auf Gottes Wort, fehlt das Herzstück einer Gemeinde.
Sicher kann man auch zuhause eine Predigt auf YouTube anhören. Aber meistens bleibt man dabei passiv. Man bleibt Konsument. Wer dagegen einen Gottesdienst live mitfeiert, der bringt sich aktiv in das Lob Gottes ein und er hat zugleich einen Blick für die Christen neben sich, die ihn vielleicht brauchen. –

Quelle: Pixabay
Im Moment läuft ja gerade die große Strukturreform ekiba2032: Unsere Landeskirche muss in den nächsten Jahren Stellen einsparen. Und sie kann nicht mehr alle Gebäude wie bisher mitfinanzieren. Nach intensiver Diskussion hat sich der Kirchengemeinderat dafür entschieden, dass das Martin-Luther-Haus in unserer Gemeinde an erster Stelle steht und nicht die Martin-Luther-Kirche. Klingt im ersten Moment vielleicht etwas seltsam: Die Kirche weniger wichtig als das Gemeindehaus?
Wenn Sie die Gründe für unsere Entscheidung hören möchten, kommen Sie nachher zur Gemeindeversammlung: Zu unserer Gemeinde gehören nicht nur die Gottesdienste, sondern auch vielfältige Formen der Begegnung. Deshalb wäre unsere Gemeinde in zehn, zwanzig Jahren eine ziemlich andere als jetzt, wenn wir unser Gemeindehaus nicht mehr hätten.
Ich freue mich darüber, dass diese Entscheidung einstimmig ausgefallen ist. Aber Papier ist geduldig: Nun muss diese Entscheidung auch mit Leben gefüllt werden.
Deshalb sollte das unser aller Ziel sein: Dass Menschen gerne zu uns kommen. Dass man einander zuhört und sich gegenseitig ermutigt. Dass man nicht nur große Worte macht, sondern sich auch ganz praktisch unterstützt. Dass man im engagierten Gespräch nach Antworten sucht auf die Herausforderungen unserer Zeit. Und dass man gemeinsam den Segen Gottes empfängt für unseren Dienst in der Welt.
Dafür ist die Gemeinde da. Das ist das Markenzeichen von christlicher Gemeinschaft. Ein einzelner wäre da auf verlorenem Posten. Das Miteinander ist die Grundform des Glaubens. –
Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz zwei besondere Themen herausgreifen:
a) „Alleine sind wir nicht komplett. Deshalb brauchen wir die Gemeinschaft“, schreibt eine junge Christin in einer Zeitschrift. Und sie denkt dabei an den berühmten Vergleich des Apostels Paulus mit einem menschlichen Körper:
So wie ein Körper viele unterschiedliche Organe hat und so wie die sich alle in einer wunderbaren Harmonie gegenseitig ergänzen, so soll es auch in einer Gemeinschaft von Christen auch sein: Keiner hat alle Gaben, aber jeder kann etwas beitragen. Niemand kann alles, aber jede einzelne Person ist wichtig mit ihrer besonderen Begabung.
Und weil das so ist, sind wir nicht komplett, solange wir uns der Gemeinschaft mit anderen Christen entziehen. Auch wenn wir noch so engagiert unseren Glauben leben, auch wenn wir uns noch so begabt halten: Solange wir alleine leben oder unserer Gemeinde den Rücken kehren, fehlen uns wichtige Dinge. Dann sind wir als Christen nicht komplett.
Und zugleich verweigern wir den anderen die Unterstützung, die vielleicht gerade wir ihnen geben könnten und sollten. Im 1. Petrusbrief 4, 10 ist dieser Auftrag so beschrieben: Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes. Gott hat uns unsere Begabungen zu einem ganz bestimmten Zweck gegeben: Andere damit zu unterstützen.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer sich der Gemeinschaft entzieht, handelt im Grunde egoistisch. Denn er verweigert sich seinen Geschwistern im Glauben. Er verweigert ihnen den Dienst, zu dem Gott ihn oder sie eigentlich beauftragt hätte.
b) Und noch ein letzter Gedanke, weshalb die Gemeinschaft im Neuen Testament so zentral ist: Im Glauben wachsen kann ich nur im Zusammenleben mit anderen Christen.
Das ist natürlich eine gewagte These. Aber so lesen wir es mehrmals in den Briefen der Apostel: Wer seinen Glauben zurückgezogen von allen anderen lebt, tritt leider oft auf der Stelle. Ihm fehlt nicht nur der Ansporn durch die andern. Ihm fehlt auch das Korrektiv, die liebevolle Zurechtweisung durch die andern. Die „Ermahnung“, wie es Luther übersetzt hat.
Zum Beispiel in Kolosser 3, 16: Lasst die Botschaft von Christus ihren ganzen Reichtum bei euch entfalten. Unterweist und ermahnt euch gegenseitig mit aller Weisheit und dankt Gott von ganzem Herzen mit Psalmen, Lobgesängen und Liedern, die euch Gottes Geist schenkt.
Und in Epheser 4, 15f schreibt Paulus: Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am andern hängt durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, dass der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe.
Das wäre mal ein eigenes Thema, wie man sich gegenseitig liebevoll kritisiert. Wir können das heute nicht vertiefen. Aber im Neuen Testament ist das eine wichtige Aufgabe im Miteinander von Christen: Im Glauben wachsen kann ich nur im Zusammenleben mit anderen.
Auch dazu sind die anderen da – so schwierig oder heikel das in einzelnen Punkten auch sein mag. Gemeinschaft von Christen ist nicht nur Wohlfühloase, sondern auch Trainingsplatz. –
Jünger Jesu sind keine Einzelkämpfer, sondern immer in eine Gemeinde gestellt. Zugleich sind große und wichtige Verheißungen der Bibel an die Gemeinde gerichtet. Lasst uns alle dabei mithelfen, dass das nicht nur große Worte sind, sondern dass solche Gemeinschaft auch wirklich erfahrbar wird. Amen.
Lied: Gut, dass wir einander …
Gut, dass wir einander haben, gut, dass wir einander sehn, Sorgen, Freuden, Kräfte teilenUnd auf einem Wege gehn. Gut, dass wir nicht uns nur haben, Dass der Kreis sich niemals schließtUnd dass Gott, von dem wir reden,Hier in unsrer Mitte ist.
1) Keiner, der nur immer redet;Keiner, der nur immer hört.Jedes Schweigen, jedes Hören,Jedes Wort hat seinen Wert. Keiner wider spricht nur immer, keiner passt sich immer an … Gut, dass wir einander haben …
2. Keiner, der nur immer jubelt; keiner, der nur immer weint.Oft schon hat uns Gott in unsrerFreude, unsrem Schmerz vereint.Keiner trägt nur immer andre;Keiner ist nur immer Last.Jedem wurde schon geholfen;Jeder hat schon angefasst …
Text & Melodie: Manfred Siebald
Fürbittengebet mit Vater Unser
Herr, segne unsere Hände,
dass sie behutsam sind;
dass sie halten können,
ohne zur Fessel zu werden.
Segne unsere Hände,
dass sie geben können – ohne Berechnung;
dass sie die Kraft haben,
um zu trösten und zu lindern.
Herr, segne unsere Augen,
dass sie Bedürftigkeit wahrnehmen
und auch das Unscheinbare nicht übersehen;
dass wir unter den Vielen diejenigen entdecken, die gerade uns brauchen.
Segne unsere Augen, dass sie hindurchschauen durch das Vordergründige;
dass andere sich wohlfühlen können unter unserem Blick.
Herr, segne unsere Ohren,
dass sie unter den vielen Stimmen dieser Welt
immer wieder deine Stimme heraushören;
dass sie hellhörig sind für Menschen in Not;
dass sie verschlossen seien
für den Lärm und das Geschwätz.
Segne unsere Ohren, dass sie auch das Unbequeme nicht überhören, sondern bereit sind, den Rat der Geschwister anzunehmen.
Herr, segne unseren Mund,
dass er dich bezeugt und deinem guten Wort
eine Stimme gibt; dass nichts von ihm ausgeht, was verletzt oder zerstört.
Segne unseren Mund,
dass er heilsame Worte spricht
und die Wahrheit in Liebe sagen kann.
Herr, segne unsere Herzen,
dass sie eine Wohnstatt sind für deinen Geist;
dass sie Wärme schenken und dass Menschen gerne zu uns kommen.
Segne unsere Herzen,
dass sie reich sind an Vergebung;
dass sie zugleich weit sind,
um Freude und Leid mit anderen zu teilen.
Herr, segne unsere Gemeinde, damit wir dich einmütig loben können – mit Herzen, Mund und Händen.
Segne unsere Gemeinde, damit wir dir dienen mit allen unseren Sinnen.
Segne unsere Gemeinde, damit wir zum Segen werden für die Menschen in unseren Dörfern und Städten.
Segne unsere Kirchen, segne unser Gemeindehaus, damit alle, die bei uns Gäste waren, gestärkt und ermutigt ihren Weg weitergehen können.
Vater Unser im Himmel ...
Liebe Leserinnen, liebe Leser, wenn Sie diese Gedanken als hilfreich empfunden haben, können Sie den Text gerne mit Freunden oder Bekannten "teilen". Wenn Sie jeweils über einen neuen Beitrag informiert werden möchten, können Sie den Predigtblog abbonnieren (es kommt kein Newsletter, sondern lediglich die Information über einen neuen Beitrag). Wenn Sie Fragen zum Thema haben oder ein seelsorgerliches Gespräch wünschen, dürfen Sie gerne mit mir Kontakt aufnehmen.
Gott segne Sie! Ihr Theo Breisacher, Pfarrer in Staufen und Münstertal









Kommentare