II) Wozu brauchen wir einen Erlöser? Weshalb ist Jesus und das Kreuz für unseren Glauben so wichtig?
- 28. Juni 2024
- 15 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Dez. 2024
Predigtreihe über "Basics des Glaubens" Teil 2: Gottesdienst am 19. März 2023 in Münstertal und Staufen

Begrüßung & Einstimmung
Einen wunderschönen guten Morgen! Ich möchte Sie alle ganz herzlich zu unserem Gottesdienst begrüßen! Wir setzen heute unsere Predigtreihe fort: „Basics des Glaubens“. Grundfragen des christlichen Glaubens.
Zur Einstimmung auf das heutige Thema eine kleine Geschichte:
Die Mutter muss für zwei, drei Stunden zur Oma ins Altenheim. Sie hat gerade einen Kuchen in den Ofen geschoben. Die Tochter soll ihn nach einer Stunde aus dem Ofen nehmen. Das kann sie bereits: Keine schwierige Aufgabe. „Aber bitte denk dran: Nicht vergessen“, sagt die Mutter, während sie den Mantel anzieht. – „Ja, Mama, ich kann das. Und ich denke dran!“ - „Stell dir am besten den Wecker oder schreib es dir auf einen Zettel!“ – „Mama, du nervst. Ich bin doch kein kleines Kind mehr! Geh jetzt endlich!“
Die Mutter geht zur Oma ins Altenheim. Als sie wieder nach Hause kommt, springt ihr die Tochter freudig entgegen: „Mama, ich habe heute mein Zimmer tipptopp aufgeräumt. Ich habe alles abgestaubt und gesaugt. Du kannst es gerne anschauen: Es sieht alles wunderbar aus. Und dann habe ich auch gleich noch den Balkon aufgeräumt: Da war ja so ein Dreck. Aber jetzt sieht alles wieder aus wie neu. Ist das nicht toll?“
„Wunderbar“, sagt die Mutter: „Du bist ja auch kein kleines Kind mehr. Und hast du auch an den Kuchen gedacht?“ – Der Kuchen, der Kuchen: Der Tochter läuft es heiß und kalt den Rücken runter. Vor Schreck kriegt sie den Mund nicht mehr zu: „So ein Mist. Den muss ich wohl vergessen haben!“
Die Mutter rennt in die Küche: Das ganze Zimmer ist voll mit heißem Dampf. Die Fenster triefen vom Kondenswasser. Sie reißt die Backofentür auf: Schwarz. Pechrabenschwarz ist ihr schöner Kuchen.
Das Gewitter, das nun folgt, ist heftig. Die Mutter ist wütend auf ihre Tochter – obwohl sie ihr Zimmer aufgeräumt hat. Obwohl sie den Balkon geputzt hat. Obwohl sie nicht am Smartphone rumgedaddelt hat. Aber die allerwichtigste Aufgabe an jenem Nachmittag hat sie verschwitzt. –
Ich glaube, so kann es auch uns Menschen gehen, wenn Gott einen Blick auf unser Leben wirft: Wir selbst sind vielleicht der Meinung, wir hätten eine Menge guter Dinge getan. Aber aus Gottes Sicht hat möglicherweise das Entscheidende gefehlt.
Darum soll es heute gehen. Und was das mit Jesus zu tun hat. Und warum er unser Retter und Erlöser geworden ist.
Gebet & Zuspruch
Gott selber hat uns eingeladen. In seiner Gegenwart und in seinem Namen feiern wir jetzt Gottesdienst: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lasst uns beten: Herr Jesus Christus, du brauchst keine Helden, die alles selber können. Aber du suchst Menschen, die erkannt haben, wie sehr sie dich und deine Gnade brauchen.
Herr, du brauchst keine Helden, die immer alles perfekt hinkriegen. Du liebst uns, obwohl immer wieder so vieles schief geht. Du bleibst uns treu, obwohl wir manchmal ziemlich dumme Sachen anstellen.
Herr Jesus Christus, du brauchst keine Helden, die sich durch nichts erschüttern lassen. Aber du suchst Menschen, die ehrlich sind zu sich selbst. Und die sich nach deiner Kraft ausstrecken.
Herr, du brauchst keine Helden, die den andern immer zwei Schritte voraus sind. Aber du suchst Menschen, die barmherzig sind – mit sich selbst und mit den andern.
So bitten wir dich für diesen Gottesdienst:
Lass uns offen sein für dich.
Lass uns ehrlich sein zu uns selbst.
Und hilf doch, dass deine Liebe uns berührt.
Herr, erbarme dich!
Hört den Zuspruch der Gnade: Jesus sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer fest mit mir verbunden bleibt, der bringt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Amen.

Osterweg der Konfirmanden: Einzug in Jerusalem
Predigt Teil I: Wozu ein Erlöser?
Liebe Gemeinde, warum brauchen wir überhaupt einen „Erlöser“? Weshalb brauchen wir einen „Retter“? Und wenn ja: Wovon genau soll Jesus uns denn „retten“? Um diese Frage näher in den Blick zu nehmen, müssen wir uns zunächst mit dem alten Begriff der „Sünde“ beschäftigen.
Für viele Menschen unserer Zeit ist das ein typisches Wort der Kirche. Sünde kommt heute fast nur noch in der Kirche vor. Höchstens noch beim Kaffeekränzchen: Dort „sündigt“ man allerdings ziemlich gerne, während man noch schnell das zweite Stück Schwarzwälderkirsch-Torte verdrückt.
Kirche und Kaffeekränzchen: Was die Kirche über Sünde sagt, finden viele überholt. Und beim Kaffeekränzchen nimmt man das „Sündigen“ nicht wirklich ernst, weil der Kuchen von Café Decker so unwiderstehlich gut schmeckt. Aber was ist tatsächlich mit diesem alten Begriff gemeint?
Sie kennen wahrscheinlich den Witz: Ein Konfirmand war in der Kirche. Als er nach Hause kommt, fragt ihn die Mutter: „Worüber hat der Pfarrer denn gepredigt?“ Der Konfirmand: „Über die Sünde.“ – „Und, was?“, fragt die Mutter: „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen: Was hat der Pfarrer über die Sünde gesagt?“ Darauf der Konfirmand lapidar: „Er war dagegen!“ :-)) Mehr wissen vermutlich auch viele Erwachsene nicht über die Sünde zu sagen. Nur das eine: „Die Kirche ist dagegen.“
In der Bibel gibt es gleich mehrere Begriffe, die im Deutschen mit „Sünde“ übersetzt werden. Einer dieser Begriff kommt aus dem Bereich des Bogenschießens: Wenn bei den alten Griechen ein Bogenschütze das Ziel verfehlte, dann benutzte man genau dieses Wort: Das Wort, das später in der Bibel für „Sünde“ verwendet wurde.
Ein Bogenschütze verfehlt sein Ziel. Der Pfeil trifft nicht ins Schwarze, sondern zehn Zentimeter daneben. Oder er saust vielleicht sogar an der Zielscheibe vorbei. Manche Philosophen haben das im alten Griechenland auf das Leben übertragen: Wenn einer sein geistiges Ziel nicht erreicht. Das haben sie mit diesem Wort für „Sünde“ bezeichnet.
Genau der gleiche Gedanke begegnet uns auch in der Bibel: Natürlich ist mit Sünde auch die böse Tat gemeint. Aber als „Sünde“ wird auch das bezeichnet, wenn einer sein Ziel nicht erreicht. Wenn einer seiner Bestimmung nicht gerecht wird.
Wenn man sein Ziel verfehlt, wenn man der Bestimmung seines Lebens nicht gerecht wird, dann ist das – im Sinne der Bibel – Sünde: Als ich das zum ersten Mal bewusst gehört habe, war das für mich ein total spannender Gedanke:
Denn man denkt ja schnell – und vielleicht geht es Ihnen ja auch so: Die Sünder, das sind die Bösen: Diejenigen, die lügen und stehlen. Das sind diejenigen, die Leute umbringen und Kinder missbrauchen.
Die Sünder: Das sind vor allem die andern. Die Bösen. Ich dagegen gehöre natürlich zu den Guten. Ich stehle nicht. Ich morde nicht. Ich missbrauche keine Kinder. Also gehöre ich zu den Guten. Die Sünder: Das sind die andern.
Aus der Perspektive Gottes sieht das allerdings etwas anders aus: Aus dem Blickwinkel Gottes ist es auch Sünde, wenn ein Mensch sein Leben lang nur für sich selber lebt. Wenn Gott und der Wille Gottes überhaupt keine Rolle spielen.
In den Augen Gottes ist auch ein solcher Mensch ein „Sünder“. Nicht weil er haufenweise böse Taten vollbracht hätte. Sondern weil er seinem Auftrag und seiner Bestimmung nicht gerecht geworden ist.
Damit kommen wir zurück zu dem Mädchen von vorhin, das den Kuchen anbrennen ließ. Es hat ja nicht böswillig gehandelt. Es hat an dem Nachmittag sogar viele gute Dinge getan. Aber bei der allerwichtigsten Aufgabe in jenem Augenblick hat sie versagt. Deshalb war hinterher der Kuchen schwarz. Deshalb hat die Mutter getobt. Und am Sonntag gab es zum Kaffee wahrscheinlich Marmeladenbrot oder Kekse.
Nun sagen Sie vielleicht: „Na ja, ein verbrannter Kuchen ist doch kein Beinbruch. Die soll sich mal nicht so anstellen.“ Da gebe ich Ihnen recht, auch wenn ich finde, dass jene Mutter auch zu Recht sauer und wütend wurde.
Aber ist es im Blick auf unser Leben nicht hundertmal gravierender? Gott hat uns allen unseren Körper und unsere Begabungen doch vor allem deshalb gegeben, dass wir anderen Menschen damit dienen. Dass wir unsere Gaben, unsere Zeit, unser Geld auch Gott zur Verfügung stellen. Dass wir diese Welt ein Stück lebenswerter machen. Dass wir mit unseren Gaben und Talenten unseren Mitmenschen dienen.
Das wäre unsere Bestimmung. Aber so viele leben nur für sich. Bauen ein Haus, manche sogar zwei. Gehen regelmäßig in Urlaub. Engagieren sich vielleicht noch in einem Verein. Aber für Gott bleibt kaum etwas übrig.
Sollte Gott da nicht traurig sein? Vielleicht auch wütend? Wenn Gott seine Geschöpfe ein Leben lang vermisst, die er so reicht gesegnet hat? Wenn er so viel mit ihnen vor hatte, wenn er so viel durch sie hätte bewirken können auf dieser Welt: Aber sie hatten keinen Blick und kein Ohr für ihn?
Das nennt die Bibel Sünde. Sünde ist also nicht in erster Linie eine böse Tat. Das sicher auch. Aber vor allem eine verkehrte Lebensrichtung. Wer Gott links liegen lässt, der verfehlt das Ziel seines Lebens. Der ist in den Augen Gottes ein „Sünder“. Weil er der Bestimmung Gottes nicht gerecht wird. Weil er an der Stelle gefehlt hat, wo Gott ihn gebraucht hätte.
Und deshalb können wir nicht so einfach mit dem Finger auf andere zeigen, wenn es um Sünde geht: Denn wir gehören selber dazu. Wir alle – ohne Ausnahme – gehören dazu. Wir alle bleiben weit hinter unseren Möglichkeiten zurück. Wir alle gehören zu dieser Gruppe der „Sünder“ – ob uns das gefällt oder nicht. Die Sünder sind nicht die andern, sondern auch wir selbst. Wir alle stehen bei Gott in der Schuld.
So beschreibt es der Apostel Paulus im Römerbrief, Kapitel 3: Denn darin sind die Menschen gleich: 23 Alle sind schuldig geworden und spiegeln nicht mehr die Herrlichkeit wider, die Gott dem Menschen ursprünglich verliehen hatte. 24 Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat. 25 Um unsere Schuld zu sühnen, hat Gott seinen Sohn am Kreuz vor aller Welt sterben lassen. Jesus hat sein Blut für uns vergossen und mit diesem Opfer die Vergebung für alle erwirkt, die daran glauben.
Damit sind wir beim zweiten großen Thema heute Morgen angelangt: Wodurch ist Jesus zu unserem Erlöser geworden? Und wie kann man das verstehen, dass er unsere Schuld gesühnt hat? Dass er sein Blut für uns vergossen hat?
Auch damit sind große und gewichtige Themen angesprochen. Durchaus auch umstrittene Themen. Aber deshalb machen wir ja diese Predigtreihe, um auch in solche schwierigeren Fragen etwas Licht zu bringen. Und tatsächlich ist es kein Randthema, sondern der Kern unseres Glaubens: Um unsere Schuld zu sühnen, hat Gott seinen Sohn am Kreuz vor aller Welt sterben lassen. Jesus hat sein Blut für uns vergossen und mit diesem Opfer die Vergebung für alle erwirkt, die daran glauben.
Gerade dieser Gedanke, dass Jesus stellvertretend für andere gestorben ist, wurde gerade in der modernen Zeit immer wieder kritisiert. Der katholische Theologe Hans Küng fragt zum Beispiel: Ist Gott so grausam, ja geradezu sadistisch, dass sein Zorn nur durch das Blut seines eigenen Sohnes besänftigt werden kann?
Viele andere haben ähnlich argumentiert: Muss Gott erst Blut sehen, um gnädig sein zu können? Und der frühere Fernsehpfarrer Jürgen Fliege hat einmal gesagt: Ich will für mich selber geradestehen. Die Verantwortung für mein Leben kann mir keiner abnehmen. Ich brauche keinen, der sich für mich opfert.
Um es vorweg zu nehmen: In der Bibel wird nirgends behauptet, dass Gott erst Blut sehen muss, um den Menschen vergeben zu können. Gott „braucht“ den Tod seines Sohnes nicht, um gnädig gestimmt zu werden. Das Kreuz ist vielmehr ein Zeichen für uns. Wir Menschen brauchen es, damit wir erkennen, wie schlimm unsere Sünden sind.
Ich komme gleich noch einmal darauf zurück: Zunächst möchte ich das aber einmal mit Ihnen durchspielen. Quasi als Gedankenexperiment: Wie hätte Gott mit der Schuld der Menschen denn umgehen können? Wie hätte Gott auf die großen Freveltaten böser Menschen und auf die mittleren und kleinen Sünden von uns allen reagieren können? Welche Optionen hätte er gehabt?
Erste Möglichkeit: Er hätte sagen können: „Nun ja, ist halt passiert: Ich vergebe euch. Das kann vorkommen!“
Was wäre gewesen, wenn Gott so gehandelt hätte? Ich bin mir ziemlich sicher, dass in diesem Fall kein Mensch mehr Gott ernst nehmen würde. Wenn am Ende immer die Begnadigung steht? Ohne Strafe? Ohne Konsequenzen?
Jeder Pädagoge weiß: So kann ich keine Kinder erziehen: Wenn jede böse Tat ohne Folgen bleibt, ist am Ende alles erlaubt.
Zweite Möglichkeit: Gott bestraft die Menschen hart. Er lässt jeden büßen für seine bösen Taten.
So ist es ja in unserem weltlichen Recht: Wer das Gesetz übertritt, kriegt einen Strafzettel. Oder er wandert gleich ins Gefängnis. Und das empfinden wir als gut und gerecht.
Aber ich frage mich: Wie sollte Gott uns bestrafen, wenn wir seine Gebote übertreten haben? Wenn wir unserer Bestimmung nicht gerecht geworden sind? Welche Strafe wäre angemessen: Eine lebenslange Krankheit? Pech und Unglück im ganzen Leben? Welche Strafe wäre wirklich angemessen, wenn einer ein Kind missbraucht hat und es ein Leben lang schwer unter seinem Missbrauch zu leiden hat?
Bleibt noch eine dritte Möglichkeit: Die Menschen müssen unsere bösen Taten selber wieder gut machen.
Dieses Konzept finden wir vor allem in den asiatischen Religionen: im Buddhismus und im Hinduismus. Wer ein böses Leben geführt hat, muss nach seinem Tod noch einmal als armer Mensch oder gar als Tier auf diese Welt und muss sich dann langsam wieder hocharbeiten. Und wenn er es das zweite Mal schon wieder nicht schafft, muss er ein drittes und viertes und fünftes Mal wiedergeboren werden. Bis er sich zur Erleuchtung hochgearbeitet hat. –
Hätte sich Gott für einen dieser Wege entscheiden sollen? Der erste Weg wäre die billige Gnade: Da würde sich kaum einer wirklich um ein gutes Leben bemühen, weil am Ende ja eh alles verziehen wird.
Der zweite Weg würde bei vielen wahrscheinlich in die Verzweiflung führen, wenn sie für alles und jedes im Leben büßen müssten. Und auch beim dritten Weg bleibe ich letztlich allein mit meiner Schuld: Ich muss solange kämpfen und mich anstrengen, bis ich es irgendwann ins Nirwana geschafft habe. –
Ich finde keinen dieser Wege wirklich zielführend. Aber jetzt kommt die Botschaft von Jesus Christus und von seinem Tod am Kreuz: Für mich ist das ein genialer vierter Weg. Denn: Jede Sünde ist schlimm. Wenn ich das Leben anderer zerstöre, ist das schlimm. Und wenn ich ein Leben lang meiner Bestimmung als Geschöpf Gottes nicht gerecht werde, ist das schlimm.
Das sehen wir am Kreuz von Jesus: Gott redet die Sünde nicht klein. Gott nimmt auch das Leiden der Opfer ernst. Er vergibt den Frevlern nicht einfach so: „Kann halt vorkommen.“ Aber Gott sagt auch das andere: Ihr müsst nicht selber für eure bösen Taten büßen. Ihr müsst euch nicht ein Leben lang quälen, um irgendetwas wieder gut zu machen, was man letztlich nicht wieder gut machen kann. Mein Sohn, Jesus Christus, hat sich für euch geopfert. Er hat die Schuld für euch getragen.
Genau das ist die Botschaft der Bibel, die auch in unzähligen Liedern beschrieben und besungen wird. Singen wir vor dem letzten Teil der Predigt eines dieser Lieder: (EG 91)
1 Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken, mich in das Meer der Liebe zu versenken, die dich bewog, von aller Schuld des Bösen uns zu erlösen.
2 Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden, an unsrer Statt gemartert und zerschlagen, die Sünde tragen:
3 welch wundervoll hochheiliges Geschäfte! Sinn ich ihm nach, so zagen meine Kräfte, mein Herz erbebt; ich seh und ich empfinde den Fluch der Sünde.
7 Da du dich selbst für mich dahingegeben, wie könnt ich noch nach meinem Willen leben? Und nicht vielmehr, weil ich dir angehöre, zu deiner Ehre.

Osterweg der Konfirmanden: Jesus stirbt am Kreuz
Predigt II: Wozu das Kreuz?
Liebe Gemeinde, wir müssen nicht ein Leben lang büßen für unsere bösen Taten. Wir müssen auch nicht selber wieder gut machen, was wir verbockt haben. Jesus Christus hat das für uns am Kreuz getragen.
Das beschreibt Paulus im Römerbrief, Kapitel 3 Vers 25: Daran zeigt sich, dass es gerecht von Gott war, als er die Sünden der Menschen bisher ertrug; 26 er hatte Geduld mit ihnen. Jetzt aber vergibt er ihnen ihre Schuld und erweist damit seine Gerechtigkeit. Gott allein ist gerecht und spricht den von seiner Schuld frei, der an Jesus Christus glaubt.
Das ist für mich der entscheidende Satz: Gott erweist mit dem Kreuz Jesu seine Gerechtigkeit. Ich glaube, viele Menschen haben dieses tiefe Empfinden in ihrem Herzen: Für Schuld muss es einen Ausgleich geben. Es kann nach einer schweren Schuld nicht einfach so weitergehen, als wäre nichts geschehen.
Genau diesen „Ausgleich“ hat Gott selber geschaffen, als Jesus Christus sich geopfert hat. Gott zeigt, dass er es selber sehr sehr ernst nimmt mit der Gerechtigkeit.
Und die Opfergesetze im Alten Testament gehen ja in die gleiche Richtung: Diese Opfer können Schuld nicht wirklich ungeschehen machen. Aber sie machen deutlich, dass Schuld schlimm ist. Und dass da ein Ausgleich geschaffen werden muss.
Nein, Gott muss kein Blut sehen, um den Menschen ihre Sünden vergeben können. Der Tod Jesu ist ein Zeichen für uns: Wir Menschen sollen sehen, wie schlimm die Sünde ist. Wir sollen aber auch sehen, wie groß die Liebe Gottes ist: Er verlangt nicht von uns, dass wir unsere bösen Taten wieder gut machen. Gott erbringt die Sühne selber in seinem Sohn am Kreuz.
Ich finde das einen genialen Gedanken. Und ich kenne kein besseres Konzept, um mit Schuld und Sünde umzugehen: Jeder, der eine böse Tat begangen hat, muss wissen: Das war schlimm und das ist schlimm: Auch für dich ist Jesus gestorben. Auch du bist schuld, dass Jesus so schwer leiden musste. Auch du!
Und alle, die unter ihrer Schuld leiden, dürfen genauso zum Kreuz blicken und getröstet werden: „Du brauchst nicht selber für deine Schuld aufzukommen. Du musst nicht selber zu büßen. Jesus hat das für dich getan. Im Vertrauen auf ihn, im Vertrauen auf seine Gnade darfst du frei sein.“ –
Ich hoffe, Sie konnten mir bisher folgen: Ich hatte Sie ja eingeladen, das mit dem stellvertretenden Tod Jesu und mit der Sühne am Kreuz zunächst als Gedankenexperiment durchzuspielen. Ich finde: Es ist ein geniales Konzept!
Aber: In Wirklichkeit ist das viel viel mehr als ein Gedankenexperiment der Menschen: Gott selber hat uns das als seine göttliche Wahrheit offenbart.
Gott selber hat sich für diesen Weg entschieden: Darüber gibt es im Neuen Testament gar keinen Zweifel. Es ist keine nachträgliche Interpretation der Menschen, um dem Tod Jesu irgendwie noch einen Sinn abzugewinnen. Gott selber offenbart uns diesen Weg als seine göttliche Weisheit: Sein Sohn hat die Schuld der ganzen Welt getragen und sie damit erlöst.
Ich weiß: Das sehen manche Christen anders. Das lasse ich stehen. Da sei jeder seiner Meinung gewiss.
Nur ein letzter Gedanke dazu: Wenn Sie der Meinung sind, dass das mit dem Sühnetod von Jesus und mit seinem stellvertretenden Sterben nur eine Idee von Paulus war: Würden Sie sich auch trauen, ihm das auch persönlich zu sagen? „Tut mir leid, Jesus, dein Leiden am Kreuz war eigentlich nicht nötig. Das hättest du leichter haben können. Gott braucht deinen Tod nicht. Er kann den Menschen auch ohne deinen Tod vergeben.“?
Wäre ein solcher Satz nicht die ehrliche Konsequenz, sofern das mit dem Sühnetod nur die Idee von Paulus war: „Diesen Stress hättest du dir eigentlich sparen können, Jesus!“ Hätten Sie den Mut dazu?
Mich persönlich lässt allein schon der Gedanke daran erschaudern: Wie sollte ich als kleiner Mensch die Weisheit Gottes beurteilen? Oder gar kritisieren?
Gott verlangt doch gar keine großen Taten von uns. Er hat doch alles selber getan: Er verlangt nicht von uns, dass wir für unsere bösen Taten büßen. Und er verlangt nicht von uns, dass wir wieder gut machen, was wir angerichtet haben. Gott macht alles selber: Für uns. Aus Liebe. Aus unendlicher Liebe.
Gott verlangt keine großen Taten von uns. Nur das Eine, das Entscheidende: Dass wir uns berühren lassen von dieser unendlichen Liebe. Dass wir zugleich die Hände öffnen für dieses wunderbare Geschenk: „Jesus, du sollst auch mein Erlöser sein. Danke, dass du das auch für mich getan hast. Ich will von jetzt an zu dir gehören. Nimm mich an, als dein Kind!“
Ich wünsche Ihnen so sehr, dass das irgendwann auch Ihr Gebet werden kann: „Jesus, du sollst auch mein Erlöser sein!“ Amen.
Fürbittengebet mit Vater Unser
Vater im Himmel, wir danken dir, dass wir uns den Himmel nicht selber verdienen müssen. Wir danken dir, dass du uns deine Gnade schenkst, obwohl wir sie oft nicht verdient haben.
Wir bitten dich: Schenke uns offene Herzen, damit wir dieses Geschenk wie Kinder annehmen können. Hilf doch, dass wir uns an deinem Kreuz nicht stören, sondern in deinem Sterben unser Heil erkennen.
Vater im Himmel, du behandelst uns nicht, wie wir es verdienen, sondern lässt Gnade vor Recht ergehen.
Wir bitten dich: Lass uns barmherzig sein zu uns selbst – aber auch zu unseren Mitmenschen. Hilf, dass wir unseren Mitmenschen verzeihen können – aber auch uns selber.
Herr Jesus Christus, wir danken dir für deine unbeschreibliche Liebe: Du hast dich geopfert, damit wir leben können. Du hast für uns gelitten, damit wir frei sein können.
Schenke uns die Gewissheit, dass uns im Vertrauen auf deine Gnade nichts mehr von dir trennt.
Wir bitten dich für alle, die diese fröhliche Gewissheit noch nicht gefunden haben: Lass sie damit aufhören, sich selber ständig zu rechtfertigen. Schenke ihnen den Mut, sich allein auf deine Gnade zu verlassen.
Hilf allen, die noch zögern vor diesem letzten entscheidenden Schritt: Mache sie bereit, ihr Leben bewusst in deine Hand zu legen. Lass sie in dir ihren Retter und Erlöser finden.
Vater im Himmel, wir danken dir für deinen Segen im Leben von Ruth Ringwald. Du hast ihr ein langes und erfülltes Leben geschenkt. Du hast sie bewahrt in schwierigen und gefährlichen Zeiten. Und du hast sie so viele glückliche Stunden erleben lassen – mit ihrem Mann und mit ihrer Familie.
Danke für alles, was du ihr geschenkt hast. Danke für alles, was du der Familie durch sie geschenkt hast. Sei bei ihren Angehörigen: Schenke ihnen die Kraft, sie nun wieder loszulassen. Begleite sie auf dem Weg der Trauer und lass sie in dir den Frieden finden.
Wir beten weiter in der Stille ... Vater unser im Himmel ...
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Gott segne Sie! Ihr Theo Breisacher, Pfarrer in Staufen und Münstertal









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