VII) "Die Welt ist nicht genug": Leben im Angesicht der Ewigkeit
- 23. Juni 2024
- 14 Min. Lesezeit
Predigtreihe "Basics des christlichen Glaubens" Teil 7: Sonntag, 19. November 2023 in Münstertal und Staufen

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Begrüßung & Einstimmung:
Einen wunderschönen guten Morgen! Ich möchte Sie alle ganz herzlich zum Gottesdienst begrüßen. „Leben im Angesicht der Ewigkeit“: Wahrscheinlich haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, was dieses Bild mit dem Alpenpanorama mit unserem Thema zu tun hat. Dazu gleich mehr.
Wenn man Politiker zu einer kirchlichen Synode einlädt, weiß man vorher schon ziemlich genau, was sie in etwa sagen werden: Sie werden ein paar nette Worte über die Rolle der Kirche in der Gesellschaft verlieren und dann vor allem ihre sozialen Projekte hervorheben. So ist das meistens. Doch wenn man unseren Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu einer Synode einlädt, ist das durchaus riskant. Denn manchmal haben seine Worte fast prophetischen Charakter.
Bei seinem Grußwort vor der EKD-Synode in Ulm vor wenigen Tagen war das genauso: Er hat die evangelische Kirche daran erinnert, was sie eigentlich selber wissen müsste, aber so oft aus den Augen verliert: Die Kirchen müssten den Glauben wieder in den Mittelpunkt stellen. Die Kirchen seien in der Gesellschaft vor allem gefragt, um die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten. Sie sind „Glaubensgemeinschaften, keine Partei oder Nichtregierungsorganisation“, so Kretschmann.
Schon etwas seltsam, wenn uns ein Politiker daran erinnern muss, was eigentlich selbstverständlich ist. Dass die beiden Kirchen inzwischen keine Volkskirche mehr sind, sondern vielmehr „eine Kirche im Volk“, das ist nichts Neues. Und dass das ein Umdenken erfordere, wissen wir auch alle. Die Frage ist nur in welche Richtung dieses Umdenken geschehen soll. Kretschmann hebt dabei aber gerade nicht das soziale Engagement der Kirchen hervor. Er sagte vielmehr: „Die Kirche muss wieder existenzieller werden. Ihre elementare Frage muss sein: Warum und wie soll ein Mensch heute noch an Gott glauben?“
Und dann zitiert er einen Bibelvers aus dem 1. Petrusbrief 3, 15: „Seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch auffordert, Auskunft über die Hoffnung zu geben, die euch erfüllt“. In einer Zeit, in der das Glaubenswissen sinke, werde das persönliche Glaubenszeugnis wichtiger, so Kretschmann. –
Ich finde das grandios. Für diese Worte können wir uns bei unserem Ministerpräsidenten nur bedanken. Sie sind angesichts der Krise, in die beiden großen Kirchen geraten sind, durchaus prophetisch. Und es führt uns direkt zum Thema des heutigen Gottesdienstes: „Leben im Angesicht der Ewigkeit“. Wir möchten Auskunft geben über die Hoffnung, die uns erfüllt. Und in der Bibel ist damit immer eine ewige Hoffnung gemeint. Ich wünsche uns allen einen gesegneten Gottesdienst!
Gebet am Anfang:
Vater im Himmel, in dieser aufreibenden und verwirrenden Zeit sehnen wir uns nach Geborgenheit und Schutz.
Umgeben von so viel Vergänglichkeit und Tod sehnen wir uns nach einem sicheren Anker, der uns Ruhe und Sicherheit schenkt.
In einer Welt, in wir so oft Abschied nehmen müssen von lieben Menschen, sehnen wir uns nach einer ewigen Heimat.
Als einsame Wanderer im Nebel unserer Zeit suchen wir ein Ziel, das unserem Leben Sinn und Hoffnung gibt.
Angesichts unseres alternden Körpers sehnen wir uns nach einer Zuversicht, die nicht einmal der Tod zerstören kann.
Soll das alles nur ein Wunschtraum sein? Vergebliches Hoffen? Nichts als trügerische Illusion?
Du ewiger und unveränderlicher Gott, wir bitten dich:
Lass uns nicht allein! Halte du uns fest! Sei du stärker als der Zweifel in uns!
Hilf uns doch, dass wir deinem Wort vertrauen können.
Lass uns auf dich schauen, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens.
Lass uns das auch heute Morgen spüren, dass uns von deiner Liebe nichts und niemand trennen kann. Amen.
Besinnung:
Wir beten mit Worten von Paul Gerhardt:
1. Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand; der Himmel soll mir werden, da ist mein Vaterland. Hier reis ich bis zum Grabe; dort in der ewgen Ruh ist Gottes Gnadengabe, die schließt all Arbeit zu.
2. Was ist mein ganzes Wesen von meiner Jugend an als Müh und Not gewesen? Solang ich denken kann, hab ich so manchen Morgen, so manche liebe Nacht mit Kummer und mit Sorgen des Herzens zugebracht.
6. So will ich zwar nun treiben mein Leben durch die Welt, doch denk ich nicht zu bleiben in diesem fremden Zelt. Ich wandre meine Straße, die zu der Heimat führt, da mich ohn alle Maße mein Vater trösten wird.
11. Du aber, meine Freude, du meines Lebens Licht, du ziehst mich, wenn ich scheide, hin vor dein Angesicht ins Haus der ewgen Wonne, da ich stets freudenvoll gleich wie die helle Sonne mit andern leuchten soll.
12. Da will ich immer wohnen - und nicht nur als ein Gast - bei denen, die mit Kronen du ausgeschmücket hast; da will ich herrlich singen von deinem großen Tun und frei von schnöden Dingen in meinem Erbteil ruhn.
Text: Paul Gerhardt 1666/67 (EG 529)
Predigt über Psalm 90, 1 – 3:
Liebe Gemeinde, am letzten Dienstag waren wir beim Gottesdienst in der AWO-Seniorenwohnanlage seit langem wieder einmal über zehn Teilnehmer. Es ging um die klammen Gefühle, wenn man im dichten Nebel auf einem unbekannten Weg unterwegs ist. Und das haben wir aufs Alter übertragen.
Natürlich hat das Älterwerden auch seine schönen Seiten. Manchmal ist das Alter wirklich wie der goldene Oktober im Herbst. Diese Seiten des Alters preisen alle gerne.
Älterwerden kann manchmal aber auch richtig beschwerlich und düster sein. So wie ein trüber und nebliger Novembertag. Eine Frau meinte spontan: „Wir sind halt auf dem absteigenden Ast.“ Sie sagte das nicht resigniert. Aber so ist es nun mal. Und so empfinden es viele: „Das Schönste ist jetzt endgültig vorbei. Wir sind jetzt auf dem absteigenden Ast.“ –
Am letzten Karfreitag war im Fernsehen Iris Berben zu sehen: Sie spielte eine krebskranke Frau, die schließlich an ihrer Krankheit stirbt. In einem Interview zu ihrer Rolle meinte Iris Berben vor einem halben Jahr, dass sie beim Gedanken an den Tod eher wütend als ängstlich wird. Sie sagte: „Mir geht es nicht darum, unsterblich und vor allem nicht forever young zu sein. Aber ich bin wahnsinnig neugierig, wie das Leben weitergeht ... Es ärgert mich einfach, dass ich nicht mitkriege, wie es in 100 oder 500 oder 2000 Jahren aussieht. Das ist es, was mich am Tod so wütend macht. Ich habe keine Angst vor dem Tod, sondern eine Wut über den Tod. Ich will wissen, wie es weitergeht.“ Ihr Badezimmer würde aussehen wie eine Werkstatt. Auf sämtlichen Tiegeln steht „repair“.
An ein ewiges Leben glaubt Iris Berben dagegen nicht. Und in einem früheren Interview hatte sie gesagt: „Ich würde gerne immer weitermachen und habe unendliche Angst, abzutreten ... Aber mit dem Tod ist es vorbei!“ (AP-Interview 2008)
Keine besonders ermutigenden Worte. Aber vermutlich spricht Iris Berben lediglich das aus, was viele Menschen unserer Zeit im Blick auf den Tod denken und fühlen. Die Hoffnung auf die Ewigkeit ist bei vielen zur Mangelware geworden.
1) Diese Welt ist nicht genug ...
In der Bibel steht aber genau diese Hoffnung im Mittelpunkt. Paulus schreibt etwa im Philipperbrief: „Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn.“ (Philipper 1, 21)
Das sind natürlich schon mutige Worte: Paulus sagt nicht nur, dass er vor dem Tod keine Angst mehr hat. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Er behauptet, dass das Sterben für ihn tatsächlich ein Gewinn sei, weil er dann bei Christus ist. Die Frage ist natürlich, man eine solche Hoffnung gewinnen kann.
Von der gleichen Hoffnung war auch Jesus erfüllt. Im Johannesevangelium sagte er zu seinen Jüngern: „Seid nicht bestürzt und habt keine Angst! Glaubt an Gott und glaubt an mich. Denn im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Sonst hätte ich euch nicht gesagt: Ich gehe hin, um dort alles für euch vorzubereiten. Und wenn alles bereit ist, werde ich zurückkommen, um euch zu mir zu holen.“ (Johannes 14, 1f)
Um diese Hoffnung zu veranschaulichen, habe ich das heutige Titelfoto mitgebracht: Im Hintergrund die Silhouette der Berner Alpen. Aber zwischen dem Betrachter und dem wunderbaren Alpenpanorama: dichter Nebel.
Für mich ist dieses Foto ein treffendes Gleichnis für die Hoffnung, die wir im Glauben haben dürfen: Wir gehen einer wunderbaren Zukunft entgegen. Wir sind gerade nicht auf dem absteigenden Ast.
Es ist sogar umgekehrt: Das Schönste kommt noch – in der anderen Welt bei Gott. Und deshalb müssen wir gerade beim Älterwerden nicht in düstere Gedanken verfallen: Im Glauben gehen wir einem herrlichen Ziel entgegen.

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Allerdings liegt der Weg in diese Zukunft im Dunkeln: Auch das wird hier auf dem Foto eindrucksvoll dargestellt: Es kann beim Älterwerden auch durch große Dunkelheiten gehen. Leiden und Schmerzen und Beschwerden oft über Jahre hinweg. Gott hat uns nicht versprochen, dass Christen immer ein schönes Alter haben werden. Genauso wenig steht in der Bibel, dass Christen immer ein leichtes Sterben haben werden.
Auf dem Weg zu Fuß vom Südschwarzwald in die Berner Alpen müsste man einige tiefe Täler durchqueren. Und wenn es diesig oder neblig ist, sieht man von diesem Alpenpanorama überhaupt nichts.
Genauso ist es auch beim Glauben: Manchmal sehen wir nichts. Dann sind wir verzagt und voller Zweifel. Und dennoch dürfen wir diese wunderbare Hoffnung haben: Die Welt ist nicht genug. Es gibt mehr, als wir sehen können. Die Ewigkeit bei Gott ist nicht nur ein Hirngespinst, sondern ein festes Versprechen von Gott selber.
In Psalm 90 haben wir es vorhin gebetet: Herr, du bist unsre Zuflucht für alle Ewigkeit. Noch bevor die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
Gott ist unsere „Zuflucht“: Was für ein schönes Wort: Ein Ort, wohin wir in der Not fliehen können. Ein Ort, wo wir Sicherheit finden können in gefährlichen Situationen. So wie früher hinter den dicken Mauern einer Burg beim Heranrücken eines Feindes.
„Herr, du bist unsre Zuflucht für alle Ewigkeit“: Er ist unser Zufluchtsort, wenn uns durch eine schwere Krankheit plötzlich der Boden unter den Füßen wegzubrechen droht. Er ist ein Zufluchtsort für uns, wenn wir vor lauter Angst nicht mehr aus noch ein wissen. Zu ihm können wir fliehen, wenn sich scheinbar alle gegen uns verschworen haben: wenn wir das Gefühl haben, völlig allein zu sein.
Dann ist die Gefahr zwar immer noch da. Dann ist die Krankheit nicht schlagartig überwunden. Dann sind die Dinge vielleicht immer noch da, die uns Angst machen. Aber wir dürfen wissen: Bei Gott sind wir in Sicherheit. Wenn er seine Hand über uns hält, können uns all diese Bedrohungen nichts mehr anhaben.
Und selbst wenn der Tod eines Tages bei uns anklopft und wir das Schlimmste befürchten müssen: Dann gehen wir nicht ins Nichts. Dann hält er uns fest und bringt uns sicher nach Hause.
Das ist heute Morgen mein erster Gedanke: Die sichtbare Welt ist nur ein Teil der Wirklichkeit. Auch wenn die körperlichen Kräfte beim Älterwerden immer mehr abnehmen, darf unsere Hoffnung gleichzeitig immer größer werden. Im Glauben an Jesus Christus haben wir eine wunderbare Zukunft vor uns! –
2) Unser „Fluchtpunkt“ außerhalb der sichtbaren Welt:
„Herr, unser Gott, seit Menschengedenken bist du unsere Zuflucht“: Es gibt noch einen anderen Begriff, in dem das Wort „Flucht“ enthalten ist und das auf Gott bezogen ebenfalls eine wichtige Rolle spielt in unserem Leben:
Wenn ein Künstler ein großes Gebäude malt oder eine Fassadenreihe an einer Straße entlang, darf er die Linien der einzelnen Mauern nicht genau parallel malen, sonst wirkt sein Gemälde niemals echt. Vielmehr wählt er einen Fluchtpunkt im Hintergrund des Bildes, auf den alle diese Linien zulaufen.
Als ich noch in die Schule ging, mussten wir im Zeichenunterricht diese gedachten Fluchtlinien mit Bleistift ganz dünn ins Bild einzeichnen: Sämtliche Mauern, Dachrinnen oder Ziegelreihen laufen auf diesen unsichtbaren Fluchtpunkt zu. Hinterher wurden diese Hilfslinien wieder wegradiert. Und jetzt nun wirkte das Bild auf einmal viel echter: Genauso, wie unser Auge eine Straßenflucht wahrnimmt.
Auch in diesem „Fluchtpunkt“ kommt das Wort „fliehen“ vor: Diese unsichtbaren Hilfslinien „fliehen“ auf den Fixpunkt zu. Und je nach Perspektive kann man ganz unterschiedliche Fluchtpunkte wählen: Jedes Mal sieht das gleiche Haus etwas anders aus.

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Auch das ist für mich ein eindrucksvoller Vergleich für unser Leben: Auch unser Leben braucht einen solchen Fluchtpunkt, auf den wir uns beziehen. Einen Orientierungspunkt, damit die vielen Dinge des Lebens ins richtige Verhältnis gesetzt werden.
Wer dagegen einfach drauflos lebt, steht in der Gefahr, sich in Belanglosigkeiten zu verlieren. Der steht in der Gefahr, seine ganze Lebenskraft in Dingen zu verzehren, die es letzten Endes nicht wert sind, so viel Energie zu investieren. Der kann das Wichtige bald nicht mehr vom Unwichtigen entscheiden.
Bei einem Maler liegt der Fluchtpunkt seines Gemäldes oft auch außerhalb des Bilderrahmens. Und doch würde dem Bild die Ordnung fehlen, wenn es diesen Fluchtpunkt nicht gäbe. Ich glaube, es ist die große Gefahr unserer Zeit, dass wir uns nur noch darauf beschränken, was da ist. Was wir sehen können. Was wir verstehen und erklären können. Was in unseren kleinen menschlichen Rahmen passt.
Eine der größten Gefährdungen unserer Zeit. Umso wichtiger, dass wir als Christen unseren Fluchtpunkt in der Ewigkeit Gottes haben. Dass wir über den begrenzten Horizont unseres Lebens hinausblicken können.
Natürlich können wir Gott nicht sehen. Aber es verändert sich in unserem Leben im Grunde alles, wenn wir uns nicht mit dem Sichtbaren zufrieden geben, sondern uns am Maßstab der Ewigkeit orientieren.
Wir lernen das Wesentliche vom Nicht-so-Wichtigen zu unterscheiden. Wir könnten auch in Konflikten entspannter und gelassener sein: Denn aus dem Blickwinkel der Ewigkeit lohnt es sich vielleicht gar nicht, so sehr um ein paar Kleinigkeiten zu streiten. So verbissen um ein paar „Kröten“ zu kämpfen.
Wir könnten aber auch mit den Rätseln im Leben besser umgehen: Für unseren kleinen menschlichen Horizont hat vieles im Leben überhaupt keinen Sinn. Wir seufzen und stöhnen, warum Gott das alles zulässt. Es könnte aber sein, dass all diese rätselhaften Erfahrungen durch einen Fluchtpunkt von außerhalb plötzlich einen Sinn ergeben: Aus der Perspektive Gottes ist vielleicht doch nicht alles zufällig oder scheinbar sinnlos. Mit den Augen Gottes gesehen, fügt sich vielleicht manches zusammen, was für uns kleine Menschen unerklärlich bleibt.
Glauben Sie mir, liebe Gemeinde, unser Leben verändert sich grundlegend, wenn unsere Lebenslinien ihren Fluchtpunkt in der Ewigkeit Gottes haben.
Der griechische Philosoph Archimedes hat einmal gesagt: „Gebt mir einen Punkt, wo ich sicher stehen kann, und ich hebe die Erde aus den Angeln.“ Er wollte damit seine Hebelgesetze veranschaulichen: Wenn man einen Hebel im Weltall ansetzen könnte, könnte man unsere Weltkugel mit einer Hand aus den Angeln heben, so Archimedes.
Etwas ganz Ähnliches passiert, wenn wir unsere Lebenslinien auf einen Fluchtpunkt in der Ewigkeit Gottes zulaufen lassen: Deshalb ist mir dieses Thema als Abschluss unserer Predigtreihe so wichtig: Ob es eine Ewigkeit gibt oder ob mit dem Tod alles aus ist: Das sind keine theologische Spitzfindigkeiten. Das gehört zu den elementaren Grundlagen unseres Glaubens.
Und das ist auch nicht erst auf dem Sterbebett wichtig: Die Koordinaten unseres Lebens verändern sich vollständig, wenn wir unser Leben ganz neu von Gott her vermessen. Ich wünschte mir so sehr, dass noch viele diese wunderbare Botschaft für sich entdecken.
3) Wir werden erwartet ...
Und noch ein dritter Gedanke, der heute nicht fehlen darf: Der letzte Satz in unserem Psalmvers: „Der du die Menschen sterben lässt und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder.“
Was für eine Perspektive für unser begrenztes Leben? Was für eine Perspektive für alle diejenigen, die im Alter spüren, wie der Tod immer näher kommt? Was für eine Perspektive auch für alle, die sich bereits mitten im Leben Sorgen machen, dass ein plötzlicher Tod sie ereilen könnte?
Wir werden erwartet, liebe Gemeinde! Der ewige und unveränderliche Gott, der Gott, der immer schon war und der immer sein wird, dieser Gott ruft uns sterbliche Menschen zurück in seine Ewigkeit: „Kommt wieder, Menschenkinder!“ Welch eine Nähe zu dem Schöpfer dieser Welt! Welch ein Vertrautheit!

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Auch davon können wir nur in Vergleichen reden. Wie diese Begegnung mit Gott einmal genau sein wird, wissen wir nicht. Aber genauso stelle ich es mir vor: Wie ein kleines Kind seinem Vater oder seiner Mutter entgegenläuft und mit offenen Armen empfangen wird.
„Kommt wieder, Menschenkinder“: Welch ein grandioser Ausblick! Nicht die Vergänglichkeit ist das Ende. Nicht der verfaulte Körper ist das Ende. Sondern die Ewigkeit Gottes. Ein Leben in der Nähe und im Frieden des allmächtigen Gottes.
Gerade in unserer letzten Stunde, gerade in der schlimmsten Not unseres Lebens, darf er unser Zufluchtsort sein: Der allmächtige und barmherzige Gott. Der Ewige. Der Unveränderliche. Der Starke, dem sich keine Macht dieser Welt entgegenstellen kann. Er ist unser Zufluchtsort solange wir unterwegs sind im Leben – erst recht, wenn es einmal zu Ende geht.
Lassen Sie mich schließen mit einem eindrucksvollen Erlebnis aus unserer ersten Gemeinde: Eine engagierte Mitarbeiterin war unheilbar an Krebs erkrankt. Wochenlang war sie krank. Zunächst war immer noch die Hoffnung da, dass sie vielleicht wieder gesund werden würde, irgendwann war aber jedem klar, dass es zum Ende gehen würde.
Gemeinsam mit ihrem Mann erlebte sie die letzten Wochen der Krankheit ganz intensiv – getragen von der Hoffnung, dass das Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist. Kurz vor ihrem Tod hatte ihr Ehemann ein etwas eigenartiges Erlebnis, das er in seinem Tagebuch folgendermaßen beschreibt:
Sie lag im zweiten Stock in ihrem Bett und konnte keine Ruhe finden. Über das Babyphon hörte ich ein paar Wortfetzen. Ich ging hinauf und fragte, was sie bräuchte. Sie sah mich groß an und fragte: „Bist du der Herr Jesus?“ „ Nein, ich bin‘s, Thomas, dein Mann“, antwortete ich. Mir wurde himmelangst, da ich meinte, Marion würde phantasieren. Ich rief noch einmal ziemlich laut: „Marion, hörst du mich? Was ist los?“ - „Nix ist los, sagte sie, ich habe gebetet, lieber Herr Jesus, lass mich doch sterben, und jetzt kommst Du!“
Eine aberwitzige Situation, schrieb Thomas später ins Tagebuch: Ich wusste nicht, soll ich lachen oder weinen, aber dann mussten wir doch beide herzhaft lachen, auch und gerade im Angesicht ihres nahenden Todes. Es war mir aber auch bewusst, dass Marion sich auf den Weg gemacht hat, dass sie gehen will und auch bereit dazu ist. –
„Kommt wieder, Menschenkinder“: Bereits in den gesunden Tagen ihres Lebens war diese Hoffnung der Mittelpunkt im Leben jener Mitarbeiterin. Und es war ihr Anker und ihre Hoffnung dann auch im Sterben.
Leben im Angesicht der Ewigkeit: Da gäbe es natürlich noch ganz viel zu sagen. Wir müssten zum Beispiel über die Auferstehung Jesu reden: Denn sie ist für uns der Nachweis, dass es nicht nur große Worte sind, sondern dass Gott tatsächlich ein solches Wunder vollbringen kann und Jesus Christus den Tod überwunden hat. Wir müssten auch über den Wochenspruch der neuen Woche reden: „Wie müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.“ (2. Korinther 5, 10)
Aber man kann nicht alles auf einmal. Heute Morgen waren mir drei Gedanken wichtig: Diese Welt ist nur der erste Teil unserer Reise: Im Glauben an Jesus Chrisutus haben wir selbst im Tod eine herrliche Zukunft vor uns. Wenn der Fluchtpunkt der Lebenslinien in der Ewigkeit ist, verändert sich unser Leben von Grund auf. Und schließlich: Wir werden erwartet, wenn wir einmal gehen müssen.
„Kommt wieder, Menschenkinder!“ Das ist unsere Hoffnung! Amen.
Fürbittengebet mit Vater Unser:
Ewiger Gott, wenn wir auf dich schauen, erscheint unser Leben in einem ganz neuem Licht: Was in deinen Augen wenig taugt, das soll auch für uns immer unwichtiger werden. Aber was dir am Herzen liegt, das soll immer mehr auch unser Leben bestimmen.
Hilf uns doch, dass wir die Prioritäten in unserem Leben richtig setzen können. Bewahre uns davor, dass wir uns in Nebensächlichkeiten verlieren. Zeige uns den Platz, an dem wir dir und unseren Mitmenschen dienen können mit unseren Gaben.
Treuer Gott, wir bringen heute gerade solche Menschen vor dich, die verzagt und traurig sind; wir legen dir gerade solche Menschen an dein Herz, die keine Kraft mehr haben, die keinen Ausweg sehen und nicht wissen, wie es weitergehen soll:
Herr, du weißt um ihre Not, du weißt, was ihnen fehlt und was sie brauchen. Hilf doch, dass sie nicht allein bleiben mit ihren Nöten, sondern bei dir Zuflucht suchen. Lass sie dann auch spüren, dass sie nicht vergessen sind.
Wir bitten dich um Frieden auf dieser Welt! Wehre allen, die Hass und Verachtung predigen! Verändere die Herzen derer, die nur Böses im Sinn haben.
Wenn wir heute am Volkstrauertag auch an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges denken, so freuen wir uns zugleich, dass Versöhnung in so vielen Bereichen möglich geworden ist.
Schenke diesen Geist der Versöhnung auch zwischen Russland und der Ukraine, zwischen Israelis und Palästinensern. Schenke den Willen zur Aussöhnung überall dort, wo immer Völker und Volksgruppen miteinander im Streit liegen.
Vater Unser im Himmel …
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Gott segne Sie! Ihr Theo Breisacher, Pfarrer in Staufen und Münstertal









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