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Wir haben die Wahl: Keiner kann sich davor drücken ...

  • 23. Feb.
  • 13 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. Feb.

Gottesdienst am 23. Februar 2025 (Wahlsonntag zum Bundestag) im Martin-Luther-Haus in Staufen mit einer Predigt über den Wochenspruch aus Hebräer 3, 7f und Apostelgeschichte 16, 6 - 15. Die Warnung, nicht auf Durchzug zu stellen, wenn man mit Gottes Anrede konfrontiert wird, habe ich in Verbindung gebracht mit dem offenen Herz von Lydia aus der Stadt Philippi für die Botschaft von Jesus Christus.


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Begrüßung & Einstimmung 


Einen wunderschönen guten Morgen! Ich möchte Sie alle ganz herzlich zu diesem Gottesdienst begrüßen! Heute ist nun endlich der große Wahltag gekommen, auf den unser Land seit einem Vierteljahr zugefiebert hat. Deshalb haben wir das Thema aufgegriffen: „Du entscheidest...!“

 

Haben Sie sich in den letzten Tagen auch durch den „Wahl-O-Mat“ durchgeklickt? Wie man hörte, waren die Verantwortlichen begeistert über das große Interesse und die hohe Beteiligung am Wahl-O-Maten. Ich habe mir am Freitagabend Zeit genommen. Und das war das Ergebnis von mir:

 

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Meine politische Meinung stimmt – nach dem Wahl-O-Mat – zu 64,9% mit den Grünen überein. Zu 64,9% mit der SPD. Und zu 64,9% mit der CDU. Vielleicht nehme ich zur Wahl einfach die Würfel mit ...


Allerdings muss ich bekennen, dass ich das Ergebnis am Wahl-O-Mat ein bisschen frisiert habe: Es gibt nämlich die Funktion des „Tuning“: Da kann man ausprobieren, wie sich das Ergebnis verändert, wenn man andere Antworten gibt. Da habe ich so lange gespielt, bis das gewünschte Ergebnis kam. Ich darf ja hier als Pfarrer nicht von der Kanzel eine Wahlempfehlung aussprechen. Sonst könnte die Wahl womöglich wegen uns angefochten werden … :-))

 

„Du entscheidest…!“ ist also das Thema heute Morgen. Aber keine Sorge: Wir werden jetzt nicht das Wahlprogramm der einzelnen Parteien durchhecheln. Vielmehr geht es im vorgeschlagenen Predigttext ebenfalls um große und wichtige Entscheidungen.

 

Und der Wochenspruch für die neue Woche mahnt uns, wichtige Entscheidungen nicht vor uns herzuschieben: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht“: Dann macht eure Herzen nicht hart. Dann verschließt euch nicht für Gottes Wort.

 

Das ist das Thema heute: Wir müssen uns entscheiden. Und wer sich nicht entscheidet, wer nicht zur Wahl geht, der hat indirekt auch schon eine Entscheidung getroffen: Der lässt alles laufen, ohne sich zu kümmern. Und das wollen wir ja auch nicht. Ich wünsche uns einen gesegneten Gottesdienst!

 

Gebet & Zuspruch 


Ist deine Stimme zu leise, du Gott des Friedens? Oder sind unsere Ohren zu taub und unsere Herzen zu hart?


Wir sehen, wie gierige Herrscher die Geringen verachten und wir fühlen uns machtlos. Wir sehen, wie maßlose Mächtige ihre Interessen durchsetzen und wir können nichts ausrichten.

 

Du Gott des Friedens, greif doch ein. Lass nicht zu, dass Lüge und Ungerechtigkeit am Ende gewinnen.

 

Ist deine Stimme zu kompliziert, du Gott der Gerechtigkeit? Oder sind unsere Ohren zu müde und unsere Herzen zu erschöpft?

 

Wir hören, wie um die Zukunft unseres Landes gestritten wird und vermissen die Achtung voreinander.

 

Wir hören, wie Arbeitsplätze verloren gehen, Menschen keine Wohnung finden und die Ratlosigkeit immer größer wird.

 

Du Gott der Gerechtigkeit, schenke denen, die heute in ein Amt gewählt werden, Weisheit und Güte.

 

Du Gott des Lebens, sprich laut in diesen Tagen, damit alle Welt dich hört. Mache die Herzen weich, damit dein Wort uns wirklich berührt. Herr, erbarme dich! (nach Katharina Wiefel-Jenner)

 

Hört den Zuspruch der Gnade Gottes: Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss. Er liebt Gerechtigkeit und Recht; die Erde ist voll der Güte des Herrn. Amen.

 

Lesung aus Apostelgeschichte 16 


Wir hören als Lesung den vorgeschlagenen Predigttext für den heutigen Sonntag aus der Apostelgeschichte, Kapitel 16. Die Geschichte ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Denn zum ersten Mal betrat der Apostel Paulus europäischen Boden. Außerdem wir von der Taufe der allerersten Europäerin berichtet. Paulus reiste in jener Zeit durch den westlichen Teil der heutigen Türkei und predigte überall die Botschaft von Jesus Christus. Wir hören aus Apostelgeschichte 16 ab Vers 6:

 

6 Danach zogen sie weiter durch Phrygien und die Landschaft Galatien; denn der Heilige Geist erlaubte ihnen nicht, in der Provinz Asien die Botschaft Gottes zu verkünden. 7 Als sie, westwärts ziehend, an die Grenze von Mysien kamen, wollten sie von dort in das nördlich gelegene Bithynien weiterziehen. Aber auch das ließ der Geist, durch den Jesus sie leitete, nicht zu.

 

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Quelle: Wikipedia-Artikel Paulus, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2282547 (Janz)


8 So zogen sie an Mysien vorbei und gingen ans Meer hinunter nach Troas. 9 Dort in Troas hatte Paulus in der Nacht eine Vision: Er sah einen Mann aus Mazedonien vor sich stehen, der bat ihn: »Komm zu uns herüber nach Mazedonien und hilf uns!« 10 Darauf suchten wir sofort nach einem Schiff, das uns nach Mazedonien mit­nehmen konnte. Denn wir waren sicher, dass Gott uns gerufen hatte, den Menschen dort die Gute Nachricht zu bringen. 11 Wir fuhren von Troas auf dem kürzesten Weg zur Insel Samothrake und am zweiten Tag erreichten wir Neapolis. 12 Von dort gingen wir landeinwärts nach Philippi, einer Stadt im ersten Bezirk Mazedon­iens, einer Ansiedlung von römischen Bürgern.

 

Wir hielten uns einige Tage dort auf 13 und warteten auf den Sabbat. Am Sabbat gingen wir vor das Tor an den Fluss. Wir vermuteten dort eine jüdische Gebetsstätte und fanden sie auch. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die zusammenge­kommen waren.

 

14 Auch eine Frau namens Lydia war darunter; sie stammte aus Thyatira und handelte mit Purpurstoffen. Sie hielt sich zur jüdischen Gemeinde. Der Herr öffnete ihr das Herz, sodass sie begierig aufnahm, was Paulus sagte. 15 Sie ließ sich mit ihrer ganzen Hausgemeinschaft, ihren Angehö­rigen und Dienstleuten, taufen. Darauf lud sie uns ein und sagte: »Wenn ihr überzeugt seid, dass ich treu zum Herrn stehe, dann kommt in mein Haus und nehmt dort Quartier!« Sie drängte uns, die Einladung anzunehmen. Amen.

 

Predigt: „Du entscheidest…!“


„Du entscheidest…!“ – heute bei der Wahl zum neuen Bundestag. Wir hoffen und beten, dass die Parteien der demokratischen Mitte hinter­her eine stabile Regierung bilden können. Alles andere wäre eine mittlere Katastrophe!

 

Aber auch im ganz normalen Alltag müssen wir uns ständig entscheiden: Schöpfe ich mir noch einen zweiten Teller – oder zähle ich heute die Kalorien? Gehe ich noch auf die Walking-Strecke – oder lese ich lieber meinen Roman weiter? Schreibe ich meinem Kollegen eine ärgerliche Mail – oder suche ich das persönliche Gespräch?

 

Wir müssen uns ständig entscheiden. Niemand kann uns das abnehmen. Und wenn wir uns vor einer Entscheidung drücken, passiert oft das, was wir gerade nicht wollen.

 

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„Du entscheidest…!“ Dieses Emoticon auf der Tasse mit den beiden Doppelpunkten steht übrigens für die zwei Möglich­keiten bei einer Entscheidung: Wenn man von rechts schaut, sieht man ein Lachmännchen – ein Smiley. Und wenn man von links schaut, das Gegen­teil: ein trauriges oder ernstes Gesicht – ein Frowny. Also zwei Möglichkeiten: Man muss sich entscheiden!

 

Um Entscheidungen geht es auch im Wochen­spruch für die neue Woche: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.“ So heißt es in Psalm 95, 7. Und in Hebräer 3, 7f wird dieser Psalmvers zitiert.

 

Dieses Wort „verstockt“ benutzt man heute nur noch selten, aber ich glaube, man versteht, was gemeint ist. In der Küche beim Kochen oder Backen redet man davon, dass die Eier stocken müssen. Da ist „Stocken“ allerdings etwas Gutes: Man will nicht, dass der Auflauf auf dem Teller rumläuft.

 

In der Küche ist es ein sehr erwünschter Vorgang, dass die Eier stocken. Wenn dagegen das Herz eines Menschen verstockt ist, dann ist er oder sie taub für jeden guten Rat. Dann ändert sich überhaupt nichts, obwohl es vielleicht ganz dringend wäre.

 

Manche übersetzen Psalm 95 deshalb auch so: „Verhärtet eure Herzen nicht!“ Oder: „Seid nicht so starrsinnig!“ Oder: „Verschließt eure Herzen nicht gegen das Reden Gottes!“

 

Wer „verstockt“ ist, der hört zwar den Rat oder die Warnung, aber er reagiert überhaupt nicht. Jedes gut gemeinte Wort prallt an ihm ab. Er ist richtig hart geworden. Da ist auch gar keine richtige Begegnung mehr möglich: Ein verstockter Mensch ist unfähig zur Kommunikation.

 

Aber diese ablehnende Haltung sollen wir gerade überwinden, erst recht wenn es um Gott und um den Glauben geht: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.“ –

 

 

„Du entscheidest…!“ Im Bibeltext, den uns Johannes Kölbel eben vorgelesen hat, werden an mehreren Stellen wichtige Entscheidungen getroffen. Zwei möchten wir uns näher anschauen:

 

1) Zunächst ist bemerkenswert, dass der Apostel Paulus genau spürt, dass Gott etwas anderes mit ihm vorhat: 

 

Zweimal ließ es der Geist Gottes nicht zu, dass sie in eine bestimmte Gegend zogen. Dabei machten sie ja nichts Verbotenes. Sie waren vielmehr „im Auftrag des Herrn“ unterwegs, um die Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen. Aber der Geist Gottes wehrte ihnen.

 

Genauso bemerkenswert finde ich, dass Paulus diese Unge­wissheit aushält. Er stürzt sich nicht sofort ins nächste Abenteuer, sondern wartet und betet und horcht in sich hinein, was Gott jetzt mit ihm vorhat. Und es dauert auch nicht lange, bis er einen neuen Auftrag bekommt: In einer Vision winkt ihm ein Mann aus Mazedonien: „Komm herüber und hilf uns.“

 

Vermutlich wäre der Apostel Paulus noch lange im Westen der Türkei herumgezogen. Doch Gottes Auftrag führte ihn zum ersten Mal auf europäischen Boden. Und Paulus traf die Entscheidung, der Stimme Gottes zu gehorchen.

  

2) Eine zweite Entscheidung in diesem Bibel­text: Eine wohlhabende Frau in Philippi öffnet sich für die Botschaft Gottes und lässt sich taufen. 

 

Man überliest das gerne, es ist aber eine kleine Sensation: Die erste Person, die auf europäischem Boden getauft wird, ist eine Frau. Genau wie am Auferstehungsmorgen: Die erste Person, die dem Auferstandenen begegnete, war eine Frau. Und die erste Person, die in Europa getauft wurde, war auch eine Frau.

 

Erstaunlich ist außerdem, dass diese Lydia in der damaligen männer­dominierten Gesell­schaft als Geschäftsfrau arbeitete. Und offenbar auch ziemlich erfolgreich dabei war. Sie stammte aus Lydien. Das liegt in der heutigen Türkei. Sie hatte in der Stadt Philippi also einen Migrationshintergrund. Und sie war vermutlich nicht unvermögend, da sie mit wertvollen Stoffen handelte. Kleider aus rotem Purpur waren damals nicht nur angesagt, sondern auch ausgesprochen teuer. 


Lydia war von ihrer Volkszugehörigkeit her keine Jüdin. Sie hatte sich aber dem jüdischen Glauben angeschlossen und hielt sich in Philippi deshalb zur jüdischen Gemeinde. Sie war eine Frau, die sich für religiöse Themen interessierte. Deshalb war sie besonders neugierig, als Paulus von Jesus Christus erzählte.

 

Bei dieser Lydia geschieht nun etwas Doppeltes – und das ist für unser Thema besonders interessant: Da heißt es in der Geschichte: „Der Herr öffnete ihr das Herz, sodass sie begierig aufnahm, was Paulus sagte.“ (16, 14)

 

Zwei Dinge geschehen gleichzeitig: Gott öffnete ihr das Herz. Er weckte in ihr die Sehnsucht nach dem Wort Gottes. Die Sehnsucht nach einem Gott, der den Hunger in ihrem Herzen nach Glück und Frieden und Erfüllung wirklich stillen konnte.

 

Aber gleichzeitig war sie auch selber höchst aktiv: Sie nahm begierig in sich auf, was Paulus sagte. Sie hörte nicht nur zu, sie schenkte den Worten über Jesus Vertrauen.

 

Wir sehen also genau das Gegenteil von dem, wovor der Wochenspruch warnt: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.“ Das hat Lydia beherzigt: Sie hat ihr Herz weit geöffnet für diesen Gott. Sie hat die Zusagen Gottes aufgesogen wie ein trockener Schwamm.

 

Und am Ende hat sie eine konkrete Entschei­dung getroffen: Ich möchte mich dieser Botschaft anvertrauen. Dieser Jesus soll auch in meinem Leben der bestimmende Faktor sein. Ich möchte eine Nachfolgerin dieses Jesus werden.

 

Und so ist vermutlich im Haus dieser Lydia in Philippi die erste christliche Hausgemeinschaft in Europa entstanden: Sie hat Paulus und seine Gefährten bei sich beherbergt. Und es ist anzunehmen, dass sich die Christen aus Philippi auch später nach der Abreise von Paulus weiterhin zum Gebet in ihrem Haus getroffen haben. –

  

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Nun aber die Frage: Was hat das alles mit uns zu tun und mit dem Thema unseres Gottes­dienstes? Dazu drei kurze Punkte:

 

a) Wir alle stehen auf Gottes Wähler­liste. Es gehört zur Würde von uns Menschen, dass wir entscheiden können.

 

In der Badischen Zeitung hat gestern ein gewisser Georg Gulde auf der Titelseite davon berichtet, dass sein Name in seinem Wahl­bezirk in Freiburg unter 1670 Wählern an erster Stelle steht. Briefwahl würde er aus diesem Grund nur im äußersten Notfall bean­tragen. Denn er möchte diesen Moment genießen, wenn er ins Wahl­lokal kommt und sagen kann: „Sie müssen nicht lange in der Liste blättern, mein Name steht auf Blatt eins. Ganz oben. An erster Stelle“. Ein erhabenes Gefühl, wie der Autor bekennt.

 

In Gottes „Wählerliste“ stehen wir alle ganz oben: Die Freiheit zu entscheiden, gehört zu den größten Geschenken, die uns der Schöpfer gemacht hat. Das macht unsere Würde als Menschen aus.

 

Wir können uns entscheiden. Und wir müssen uns entscheiden. Wir tragen Verantwortung für unser Leben und für unsere Welt. Allerdings können wir dabei auch die falsche Entschei­dung treffen – so wie Adam und Eva, die einfach nicht ihre Finger von der verbotenen Frucht lassen konnten.

 

Umso dringlicher der Wochenspruch: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so macht eure Herzen nicht hart.“ Wir alle stehen auf Gottes Wählerliste. Er traut es uns zu, dass wir gute Entscheidungen treffen.

 

b) Es gibt Phasen im Leben, in denen man in besonderer Weise zu einer Entscheidung herausgefordert ist.

 

So war es bei Paulus: Sie waren in ihrer Arbeit in eine Phase geraten, in der es nicht mehr richtig lief. Doch dann hatte er völlig unerwartet diese Vision mit dem Mann aus Mazedonien. Während sich manche Türen vor ihnen geschlossen hatten, öffnete sich plötzlich eine ganz neue Tür.

 

So verstanden kann es sogar ein Segen sein, wenn wir im Leben vor verschlossenen Türen stehen. Vielleicht will Gott uns damit zeigen, dass wir in einer ganz anderen Richtung weitergehen sollen.

 

Manchmal kann einem eine verweigerte Beförderung die Augen öffnen für einen ganz neuen Weg. Manchmal kann sogar eine Kündigung im Rückblick ein Segen sein.

 

Es gibt Menschen, die haben eine schwere Krankheit als Zeichen von Gott erfahren: Als Wendepunkt in ihrem Leben. Das muss natür­lich nicht immer so sein. Viele Krankheiten sind einfach nur beschwerlich und schmerz­haft. Manchmal können sie uns aber auch den Blick für etwas ganz Neues öffnen.

 

Und manchmal geht es einem vielleicht wie der Lydia: Plötz­lich brechen ganz tiefe Fragen in uns auf: Was ist eigentlich der Sinn des Ganzen hier auf der Welt? Lohnt es sich wirklich, mich genauso wie bisher jeden Tag abzurackern?

 

Oder: Was bleibt von mir übrig, welche Spuren hinterlasse ich, wenn man mich eines Tages in den Sarg legt? Wofür will ich meine Lebens­energie in Zukunft einsetzen? Wie finde ich den Frieden in meinem Herzen?

 

Krisen im Leben können auch zu einer Chance werden: Manch­mal müssen wir gerade in den Sackgassen des Lebens eine Entscheidung treffen. Dann ist es gut, wenn wir unser Herz nicht hart machen, sondern offen sind für die Stimme Gottes.

 

c) Für manche Entscheidungen hat man nur ein bestimmtes Zeitfenster.

 

Die Wahllokale zur Bundestagswahl schließen heute um 18 Uhr. Bis heute um 18 Uhr hat man noch die Möglichkeit, seine Stimme gegen die Populisten mit ihren allzu einfachen Antworten zu erheben.

Wer dagegen erst um halb sieben anrückt, wird vor verschlossenen Türen stehen. Der hat seine Stimme verschenkt und sollte sich hinterher nicht beschweren.

 

Und wer vom Hausarzt zur Untersuchung bzw. Abklärung ins Herzzentrum geschickt wird, der sollte besser keine zwei Jahre damit warten. Für manche Entscheidungen gibt es nur ein bestimmtes Zeitfenster.

 

Wie ist es bei Gott? Gibt es auch beim Glauben und bei der Entscheidung für Gott ein Zu-Spät?

 

Keine leichte Frage. Auf jeden Fall ist das „Heute“ in unserem Bibelvers sehr betont: Wichtige Entscheidungen sollte man nicht ewig vor sich her schieben.

 

Ich kann mich an Bibelstunde vor vielen vielen Jahren erinnern: Es ist sicher 50 Jahre her, aber ich höre die Stimme des Predigers noch so, als wäre es gestern gewesen: Er erzählte von einem Mann, der einen sehr verschwende­rischen Lebensstil hatte, weshalb er ständig von Geldsorgen geplagt wurde. Er beschloss deshalb: Da muss sich etwas ändern. Also nahm er ein Blatt Papier und schrieb mit großen Worten darauf: „Ab morgen wird gespart!“ Er hängte das Blatt an die Wand und war fest entschlossen, diesen Vorsatz auch umzusetzen.

 

Am nächsten Morgen fiel sein Blick auf das Blatt Papier an der Wand: Nun wird es ernst, dachte er. Doch dann las er den Satz noch einmal genau: „Ab morgen wird gespart … Na ja, wenn das stimmt, habe ich ja noch einen ganzen Tag Zeit!“ :-))

 

„Ab morgen wird gespart!“ Die Aufschieberitis ist bekanntlich eine Volkskrankheit. Vielleicht wird genau deshalb das „Heute“ in unserem Bibeltext so betont: „Heute, wenn ihr Gottes Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.“

 

Gibt es auch beim Glauben und bei der Entscheidung für Gott ein Zu-Spät wie heute im Wahllokal?

 

Ich glaube, dass Gottes Türen ein Leben lang für uns offenstehen. Aber das andere stimmt wahrscheinlich genauso: Wenn einer immer gleich abschaltet, sobald es um Gott und um den Glauben geht, kann es mit der Zeit immer schwieriger werden, dass Gott bei ihm andocken kann. Wenn einer sein Herz ständig hart macht gegen Gott und sein Wort, kann es mit den Jahren immer schwieriger werden, sich wirklich für Gott zu öffnen.

 

Aber noch wartet Gott darauf, dass wir zu ihm umkehren. Noch rollt er quasi den roten Teppich vor uns aus, damit wir endlich zu ihm nach Hause kommen. Noch steht er unter der Haustür und wartet auf uns – so wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15. Gott schickt keinen weg, der ihn ernsthaft sucht. Aber kommen müssen wir schon selber.

 

Dabei macht er uns ein wirklich tolles Angebot: Bei ihm kann unser Lebens­hunger gestillt werden. Er schenkt uns auch in den Krisen­zeiten des Lebens einen festen Halt. Er schenkt uns sogar noch in Sterben und Tod eine Hoffnung, die den Horizont dieser Welt übersteigt.

 

Ohne Frage: Ein unübertreffliches Angebot. Aber kommen müssen wir schon selbst. „Du entscheidest…!“ Amen.

  

Fürbittengebet & Vater Unser

 

Dein Wort, guter Gott, ist ein Wort des Friedens. Es spricht hinein in unsere Welt, in all unseren Unfrieden. Lass es ein Licht sein, das uns leuchtet auf unseren Wegen.

 

Schenke denen Kraft und Weisheit, die sich um Frieden bemühen. Wehre allen, die Verwirrung stiften und Lügen verbreiten.

 

Lass Frieden werden in der Ukraine und hilf doch, dass es ein gerechter Friede ist.

Lass Frieden werden im Gazastreifen und in Israel und hilf doch, dass man es lernt, Schritte aufeinander zuzugehen.

 

 

Dein Wort, guter Gott, ist ein Wort der Gerechtigkeit. Es spricht hinein in unsere Gesellschaft, in unsere Ungerechtig­keiten. Lass es uns ein Ansporn sein, mitzubauen an deinem Reich.

 

Segne die Bundestagswahl heute. Hilf den Politikern, nach dem harten Schlagabtausch der letzten Wochen nun wieder in konstruktive Gespräche einzutreten.

 

Zeige allen Beteiligten die besondere Verantwortung, in der wir alle gerade stehen.

 

 

Dein Wort, guter Gott, ist ein Wort des Heils. Es spricht hinein in unsere Seelen, in unser Fragen, in unsere Angst. Lass uns in dir Geborgenheit finden in der Unruhe unserer Zeit.

 

Sei bei denen, die nach dem Sinn ihres Lebens fragen. Segne alle, die nach einem Halt suchen, weil ihnen vieles fraglich geworden ist.

 

Hilf uns allen, dass wir wichtige Entscheid­ungen nicht endlos vor uns herschieben. Lass uns die Zeit nutzen, die du uns anvertraut hast. (nach Dr. Johann Hinrich Claussen)

 

Vater Unser im Himmel ...

  


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Gott segne Sie! Ihr Theo Breisacher, Pfarrer in Staufen und Münstertal

 

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